Glossar für die Einschätzung

von Meinungen/Behauptungen

 

Daten

sind das Ergebniss von Messungen bzw. reine Beobachtungen, sind also eine, in der Regel (1), belegbare Tatsache. Sie haben per se aber KEINERLEI Bedeutung!

   Dies wird an der Geschichte aus D. ADAMS: Per Anhalter durch die Galaxis sehr deutlich: Dort beantwortet der fortgeschrittenste Computer nach Millionen Jahren Rechenzeit die letzte Frage aller Fragen der Menschheit mit "42". Selbstverständlich sind die Menschen von dem Ergebnis enttäuscht und wollen nun auch die dazu passende Frage hören, müssen sich aber von dem Supercomputer sagen lassen, dass DIESE Frage - letztlich eben nach dem Kontext - VIEL komplizierter Sei und nur von einem noch leistungsfähigeren .... letztendlich nach viele Abenteuern kommt dann die Lösung "How many roads must a man walk down?"

   Auch wenn das offensichtlich trivial ist, wird doch erst durch diese einfache Frage/diesen Kontext aus der Date '42' ein INFORMATION!

   Allerdings gilt das so klar nur bei Einzelfalldaten. Bei komplexen Zusammenhängen, die von vielfachen wechselwirkenden Variablen beeinflusst werden kann die Datenerhebung nur statistisch erfolgen, das Ergebnis ist also immer eine Vermutung - wie hoch deren Signifikanz auch sein mag - und ist zudem sehr von der Konstruktion der Erhebung abhängig. Schon hier kann der Kontext (das Erkenntnisinteresse) des/der Untersuchenden kontextabhängig verändernd wirksam werden. - Daraus folgt, dass statt eines 'man' einer behaupteten allgemeinen Wahrheit, die höchste erkenntnistheoretische Objektivität in einer Mitteilung des eigenen, diese Untersuchung hervorgebrachten Erkenntnisinteresses ('ich') liegt 

 

/1) Auch Ihre Reize auf der Netzhaut sind einzelne Daten - Stäbchen feuert oder feuert nicht - erst im Zwischenhirn wird das Bild, das Sie sehen, auf der Basis vieler Einflussvariablen (Erwartungen, Ertinnerungen, Kenntnisse ...) generiert. DIESE Daten sind nun nicht belegbar, das entstandene Bild aber verhandelbar! (s.h. Bsp. unten (1)... ...(1)  ) 

 

Informationen

Informationen sind nun die kontextualisierten Daten. In trivialen Kotexten ist alles klar: Ein Fußgänger, der bei rot über die Straße geht und dabei von einem Polizisten, mehreren Zeugen gesehen und von einem zufällig anwesenden Filmteam dabei aus Versehen, beim Aufnehmen einer Straßenszene gefilmt wurde, kann diese Information nicht bezweifeln. Er wird eher über die Deutung (s.u.) des Vorganges und die damit verbundenen Folgen diskutieren ('mein Sohn brauchte dringend sein Asthma-Spray!'). Eine Auseinandersetzung um Informationen dreht sich nach Übereinstummung in den Daten letztlich um eine Klärung des Kontextes, d.h. der verschiedenen Perspektiven. 

   So einfach ist es aber sehr häufig nicht, da schon bei unserer Wahrnehmung unsere verschiedenen Perspektiven und Kontexte eine Rolle Spielen: An der Ampel /1) "Hast Du den XXX gesehen? Genau so einen Wagen will ich mir kaufen!" " Nein, ich habe den Fahrradfahrer mit den Taschen am Lenker gesehen. Hoffentlich geht das gut!"/1) 

   Sehr viel schwieriger wird das mit statistischen Daten, da hier selbst bei Übereinstimmung in den Rohwerten und der statistischen Berechnung, die Darstellung dieser Daten schon stark die Aussagekraft verändert (lineare oder logarithmische Skala, Welcher Wertebereich wird abgebildet). Schon hierbei findet also eine - evtl. nicht bewusste - Kontextualisierung statt. Die Klärung der Kontexte - besser der jeweiligen Erkenntnisinteressen - ist in diesem Zusammenhang also sehr viel umfassender und vielfältiger nötig.

 

Deshalb halte ich das oft vorgeschriebene wissenschaftliche 'man' auch in der Regel nicht sehr der Objektivität dienlich, da es eine universelle Wahrheit von Informationen behauptet, die nur in den seltenen Fällen einfacher, linear-kausaler Zusammenhänge Gültigkeit hat. In der Regel ist dagegen ein 'Ich', das über seine/ihre Erkenntnisinteressen aufklärt und aus diesen heraus deshalb nachvollziehbar aus Daten Informationen generiert der Objektivität einer interpersonalen Überprüfbarkeit näher. Achtung! Im Gegensatz zum radikalen Konstruktivismus halte ich die Gültigkeit der Daten Grundlage - und sei es das Ringen um diese - für meine Überlegungen als das wesentliche Fundament! 

 

Fakten

sind Informationen, bei denen einer Information eine singulär gültige Bedeutung unterstellt wird. Fakten werden in der Regel als 'alternativlos' angesehen/dargestellt. Der Zusammenhang von Daten, Kontexten und Information wird dabei in der Regel unterschlagen. Die in der Wissenschaft allseitig gefeierten Evidenzen haben diesen Charakter. Auch hier gilt dies für reine Tatsachen ('das ist ein Stein') und linear-kausale Zusammenhänge ('der Stein rollt den Hügel hinab') durchaus. Gegenüber komplexen Zusammenhängen - Politik, Bildung, Gesundheit - übersehen sie dabei aber in der Regel die singuläre Einfalt ihrer konkreten und triviale Allgemeinheit ihrer statistischen Ergebnisse. Objektivität stellt sich auch hier erst in einem dialogisch-dialektischen dynamischen Erschließungs-Prozess und nicht in statischen Feststellungen dar. 

 

In diesen Zusammenhängen und Ebenen verheddert sich auch der FAKTENfinder der öffentlich-rechtlichen Medien, wenn sie versuchen in kontroversen, gar ideologisch aufgeladenen Themenfeldern eine begründete Position zu behaupten. So wurde z.B. dieser Tage den Thesen von Wodarg zur Coronakrise die Aussagen eines Wissenschaftlers eines Helmhotz-Zentrums (Name vergessen) entgegengestellt, der zwar sagte, die Ausgangsdaten, von denen Wodarg ausgehe seien zwar richtig, aber seine Schlüsse (Deutungen) daraus seien falsch. (Hier stimmen die Ebenen s.o. also noch.) Schräg und im Hinblick auf einen FAKTENfinder peinlich, wird es dann aber, wenn Wodargs Thesen - im Grunde entgegen dieser Aussage - mit Falschmeldungen und Verschwörungstheorien (auch wenn diese sich auf Wodarg beziehen) in einen Topf geworfen werden. Falschmeldungen und Verschwörungs-theorien ignorieren Fakten und sie müssen auf dieser Ebene entlarvt/bekämpft werden. Den Thesen Wodargs, auch wenn sie von Verschwörungstheorien benutzt werden, muss auf der Ebene seiner Deutungen argumentativ widersprochen werden. Geschieht dies nicht, ist das Öl im Feuer der Verschwörungstheorien.

 

Deutungen

sind Bedeutung unterstellende Schlüsse aus Informationen. - Die Ampel ist grün -> ich kann jetzt gehen. Häufig findet dieses schon im Rahmen der Wahrnehmung (Generierung von Informationen aus Reizen) statt. Nichts desto trotz ist die Trennung von Feststellung der Information - Beobachtung - und Interpretation oder Wertung der Information - Deutung - nicht unbedeutend.

   Gerade in komplexen Zusammenhängen, wie beispielsweise der Verhaltensbeobachtung von Einzelnen oder Gruppen in der Pädagogik stellt sich diese Trennung als wesentliche professionelle Bedingung dar. So wird hier erst einmal nur das reine Verhalten Einzelner oder die Kooperation einer Gruppe beschrieben ('Gerd schreit laut in Richtung Uschi' NICHT 'Gerd schreit Uschi an'). Im zweiten Schritt wird den Handelnden dann einzeln Sinn und der Gruppe gemeinsam eine Bedeutung unterstellt, was dann zu entsprechenden Hypothesen führt, die sich durch weitere Beobachtungen verifizieren oder falsifizieren. Nur so gelingt auch hier ein sequentieller Erschließungsprozess mit einer recht hohen Wahrscheinlichkeit, der 'Wahrheit' der Vorgänge nahezukommen.

 

Meldungen

sind Informationen die im Zusammenhang mit einem gegebener Kontext an Interessierte weitergegeben werden. Damit ist die Gemeinschaftlichkeit des Kontextes der Information für alle Interessierte gegeben, nicht aber notwendigerweise die der Deutung der Information.


Fehlerhafte Meldungen

können also nicht an dem Kontext der Information liegen, sondern betreffen immer fehlerhafte Daten. Dabei ist nicht unterstellt und wird in der Regel auch nicht sein, dass dies absichtlich geschieht.

 

Falschmeldungen (Fake-News)

generieren künstliche Informationen aus erdachten Daten und diesen zugeordneten Kontexten, d.h. die komplette Information inkl. der zu Grunde liegenden Daten ist durch das bewusste oder unbewusste Interesse des meldenden/behauptenden bestimmt und damit einer Verifizierung oder Falsifizierung nicht mehr zugänglich (Ideologie). 

 

Verschwörungstheorien

gehen hier noch einen Schritt weiter und generieren nicht nur die komplette Information sondern auch die dieser innerlichen Deutung. Es entsteht so ein geschlossenes Weltbild, das auf allen drei Ebenen (Daten, Informationen, Deutungen) gültig und sich über die Ebenen hinweg auch selbstbestätigend erhält, Dieses Konstrukt bietet entsprechend gegenüber der dynamischen Anpassung an die Realität (Dialektik, Dialogik s.o.) ihren Anhängern ein Höchstmaß an Verhaltens- und Meinungssicherheit, d.h. eine stabile Identität. Häufig ist dieser Vorgang nicht bewusst, er kann aber auch gezielt zum Erwerb und Erhalt von Macht eingesetzt werden und ist in dieser Hinsicht hoch effektiv (der äußere Feind, der Sündenbock gegenüber der 'angegriffenen' 'reinen' Gemeinschaft).

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© Peter Rödler